Jens Pepper: Du hast seit dieser Woche in Hamburg eine Ausstellung mit inszenierten Darstellungen nach Geschichten aus dem alten und dem neuen Testament. So sind beispielsweise die Susanna im Bade mit den zwei lüsternen alten Herren zu sehen, das Abendmahl, und die zwölf Apostel, denen du jeweils ein Foto gewidmet hast. Das Besondere an den Aufnahmen ist, dass du sie als Aktfotos gestaltet hast, und zwar so, dass sie in meinen Augen nicht provokativ wirken, sondern sehr natürlich, oft regelrecht andächtig. Was hat dich veranlasst, biblischen Themen zu gestalten? Bisher habe ich dich als Aktfotografen kennengelernt, der gerne mit dem Absurden spielt, dem Surreales ebenso wenig fremd ist wie Splatter.
Andreas Maria Kahn: Ja genau, am Freitag wurde die Ausstellung „Holy Arrangements“ in Hamburg eröffnet. Das war eine schöne Eröffnung mit vielen netten Gästen von nah und fern.
Wie bin ich auf die Idee mit den biblischen Personen gekommen? Ich war 2013 mit meiner Frau in Florenz und dort in den Uffizien. Bis dahin hatte ich Bilder des Barock und der Renaissance eher als „Alte Schinken“ abgetan, denn sie erinnerten mich an Museumsbesuche zur Schulzeit, die ich endlos lang und quälend fand und die mir jede Freude an der Kunst nahmen. Ich wollte damals ein wilder junger Künstler sein. Alten Meister interessierten mich nicht, und das blieb bis zu diesem Museumsbesuch so. Da saß ich dann vor dem Botticelli Bild „Geburt der Venus“, mindestens eine Stunde lang. Und alles, was ich in den Uffizien an diesem Tag erblickt hatte, ließ ich in diesem Moment noch einmal vor meinem inneren Auge Revue passieren. Das war eine Offenbarung. Auf einmal erkannte ich all die Bildgestaltungsmöglichkeiten. Ich hatte Ideen, auf die mich diese alten Werke brachten. Ich wusste auf einmal, wie ich Dinge, die ich hier sah, für mich benutzen konnte. Und es waren die biblischen Themen, die mich interessierten.
Was mir auch gefiel, das war die Sinnlichkeit und Unschuld der oft unbekleideten, also nackten Menschen in den Bildern. Ich hatte das in diesen christlichen Kunstwerken gar nicht so erwartet. Aber nicht nur in den Uffizien, sondern gerade auch in den Vatikanischen Museen, in der Sixtinischen Kapelle und sogar im Petersdom gab es irre viel sinnliche Nacktheit zu sehen. Und du weißt ja, dass ich mich in der Aktfotografie am wohlsten fühle. Das war also auch ein Thema für mich.
In den Holy Arrangements habe ich also versucht, etwas von der Natürlichkeit der altmeisterlichen Bilder zu übernehmen. So bekommen einige Betrachter meiner Aufnahmen, meist die, die sich ein wenig mit Gemälden vergangener Zeiten auskennen, das Gefühl, etwas Vertrautem gegenüberzustehen. Und genau deshalb stellen meine Fotos trotz ihrer Nacktheit für die meisten auch keine Provokation dar. Sie wirken richtig.
Mir gefällt es übrigens, mit expressiven Gesichtsausdrücken zu arbeiten. Man kann mit einem Gesicht alles ausdrücken, was menschlich ist: Gier, Neid, Liebe, Verzückung, Verklärung usw. Ich mag das Absurde. Deshalb interessieren mich auch Dadaismus und Neodadaismus. Die Mimik war auch wichtig in meiner Splatterreihe, die du angesprochen hast. Etwas Kunstblut, der richtige Blickwinkel der Kamera, ein irrer Gesichtsausdruck, schon hast du ein schockierendes Bild. Die Wirkung meiner Ausstellung „Morbide Akte“ von 2009 war überwältigend. Das hat mich überrascht. Manche Betrachter fanden die Fotos schrecklich, sogar brutal. Das witzige dabei ist, dass wir, also meine Models und ich, bei der Produktion einen Heidenspaß hatten.
Jens Pepper: Wie hast Du denn die biblischen Themen für deine Arbeit „Holy Arrangements“ verwendet?
Andreas Maria Kahn: Als Künstler lasse ich mich gerne inspirieren von den Großen Meistern und versuche dann diese Eindrücke in meiner Bilderwelt und mit meinen Stilmitteln umzusetzen. Die Frage war also, wie ich diese religiösen Themen in meiner „Fotografie des unbekleideten Menschen“ umsetzen konnte? Für mich ist es wichtig, dass meine Fotos am Ende so wirken, als ob es sie immer schon gäbe, also als ob sie ein Teil des allgemeinen visuellen Gedächtnisses sind. Es gibt Themen bei denen das nicht klappt. Die setze ich dann nicht um. Ich wurde beispielsweise mal gefragt, ob ich zu einer Ausstellung in München Bilder zum Thema „Genitalverstümmelung“ machen wolle. Aber das konnte und wollte ich nicht umsetzen; dafür ist meine Aktfotografie nicht das richtige Mittel. Da habe ich keine Bilder zu im Kopf. Bei den Bibelthemen hatte ich aber sofort Bilder im Kopf. Die musste ich dann nur noch mit einem hohem Menschen- und Materialaufwand umsetzen. Die Fotos sollten eine Hommage an die alten Meister werden. Und ich wollte, dass sie in ihrer Aussagekraft gleichberechtigt mit den alten Bildern dastehen.
Jens Pepper: Wenn du beispielsweise die Apostel darstellst, sollen deine Fotografien dann auch religiöse Inhalte transportieren? Oder sollen die Aufnahmen völlig losgelöst vom religiösen Kontext gesehen werden?
Andreas Maria Kahn: Ich weiß nicht, ob meine Bilder religiöse Inhalte transportieren, sie sind aber auf jeden Fall religiös. Ob man nun an einen bestimmten Gott glaubt oder nicht, für mich stehen diese Bilder für eine Huldigung des Glaubens. Vom künstlerischen her betrachtet sind sie eine Herausforderung. Meine Fotografien spiegeln, was ich denke.
Jens Pepper: Was denkst du denn?
Andreas Maria Kahn: Ich denke, die „Alten Meister“ haben ihre religiösen Werke als Huldigung gesehen, und so stehen meine Fotografien ebenfalls in dieser Tradition. Da ich bei Da Vinci, Carravaggio oder Michelangelo keinerlei Kritik erkennen kann, will ich mit meinen Fotografien auch keine Kritik äußern. Ich sehe in den Bildern menschliche Szenen, die sich vermutlich so zugetragen haben.
Jens Pepper: Das ist aber eine sehr schriftgläubige Aussage, wenn du sagst, die Szenen hätten sich so zugetragen. Oder meinst du jetzt, dass die Maler menschliche Szenen mit Modellen und Statisten nachgestellt haben oder sich durch alltägliche Ereignisse inspirieren ließen, wodurch die gemalten Settings einen Eindruck von Realität vermitteln? Da gibt es ja einen sehr schönen Spielfilm mit Rutger Hauer, „Die Mühle und das Kreuz“, in dem Hauer Pieter Breugel spielt, der sich von selbst erlebten Geschehnissen im Flandern zur Zeit der spanischen Besatzung zu seinem Gemälde „Die Kreuztragung Christi“ inspirieren lässt.
Andreas Maria Kahn: Schwer zu sagen, es gibt ja keine Zeitzeugen mehr, nur diese Aufzeichnungen. Ich bin einer dieser Menschen, die immer in Bildern denken. So haben die Künstler das vermutlich auch getan, als sie die Aufträge für diese oder jene Bibelgeschichte bekamen. Ob und wie es sich damals wirklich zugetragen hat, weiß wohl niemand so genau.
„Die Mühle und das Kreuz“, schön, dass Du gerade diesen Film erwähnst. Für mich ist dieser Film ein lebendiges Gemälde. Unbeschreiblich und einzigartig! Irgendwann werde ich mich mal an so ein reales fotografiertes Wimmelbild heranwagen.
Jens Pepper: Darauf freue ich mich schon heute, ehrlich. Sag, wie entwickeln sich die Bilder, wenn du einmal eine Grundidee hast. Wie lange trägst du eine Idee mit dir rum und lässt sie vor deinem inneren Auge reifen? Machst du Notizen oder Skizzen, oder ist das alles eine rein geistige Angelegenheit?
Andreas Maria Kahn: Wenn die Grundidee da ist, dann werden Notizen und Skizzen gemacht. Bestimmte Bewegungen zum Beispiel halte ich schriftlich fest, Bewegungen die auf dem Bild später zu sehen sein sollen oder die für die Bildsprache- und aussage wichtig sind; ebenso Haltungen, Gesten, Blicke, den Hintergrund. Ideen kann ich jahrelang mit mir rumtragen. Es gibt dann irgendwann einen Auslöser, z. B. ein Erlebnis, einen Menschen, den ich kennenlerne, ein Gespräch, also irgendeine Initialzündung, und ich weiß dann auf einmal, wie ich eine Idee, die ich vor Wochen oder auch Monaten hatte, umsetzen kann.
Jens Pepper: Sammelst du solche Notizen und Skizzen? Ich kann mir vorstellen, dass das mal ganz interessant sein könnte, dieses Material zusammen mit den dann realisierten Fotografien auszustellen oder zu publizieren.
Andreas Maria Kahn: Tatsächlich habe ich drei Moleskine-Notizbücher voll von Skizzen und Notizen und Ideen, viele davon noch nicht realisiert. Bei meinen Shootings habe ich immer einen Regiezettel in der Hosentasche, damit ich beim Fotografieren nichts vergesse. Jeder dieser Zettel, oft mit nicht realisierten Bildideen, ist noch vorhanden. Ab und zu „klaue“ ich mir meine eigenen Ideen, wenn mir mal wieder einer dieser Zettel in die Hand fällt und ich mir dann denke: Genau, jetzt weiß ich, wie das Bild aussehen muß. Und ja, es stimmt; mit der frischen Herangehensweise von vor zehn Jahren dann diese Ideen, wie damals beschrieben, heute umzusetzen, das könnte sehr interessant sein.
Jens Pepper: Und würdest du diese Skizzen und Notizen mal zusammen mit den Fotos, die auf Grundlage dieser Materialien entstanden sind, zeigen wollen? Für einen Betrachter ist das bestimmt spannend.
Andreas Maria Kahn: Spannend wäre das für den Betrachter bestimmt. Viele Ideen sind aber nicht fertig gedacht und daher würde ich sie wohl nicht herzeigen. Halbfertige Kunst mag ich nicht. Außerdem muß man als Künstler vorsichtig sein. Nirgendwo werden Ideen schneller geklaut als in der Kunst. Das musste ich alles schon miterleben.
Jens Pepper: Wie reagieren strenggläubige Christen auf die Fotos? Hast du da Erfahrungen?
Andreas Maria Kahn: Ja tatsächlich. Der spastisch gelähmte Performancekünstler Roland Walter, der auf einigen der Fotografien den Jesus darstellt, wurde in seiner Gemeinde schon angefeindet. Roland Walter ist selbst sehr gläubig und hat sich sehr gefreut, den Jesus darstellen zu dürfen. Seine Glaubensgemeinschaft will ihm diese Darstellung aber nicht zugestehen. Soweit geht die Gleichheit der behinderten Menschen, die ja gerade von den religiösen Gemeinden gefordert wird, dann doch nicht. Das hat uns überrascht. In Hamburg war eine ältere Frau als Gast bei der Ausstellungseröffnung, die sich an der Nacktheit gestört hat. Damit muß man immer rechnen.
Jens Pepper: Ich würde diese Bildserie ja mal den Diözesan-Museen in Köln, Würzburg etc. anbieten. Ich kann mir vorstellen, dass es dort Interesse an deinen Holy Arrangements gibt. Katholische Kirche heißt ja nicht automatisch eine ablehnende Haltung der Aktfotografie gegenüber. Gerade weil du religiöse Themen hast, könnte es die Kuratoren interessieren. In Köln gab es bis zu dessen Pensionierung einen Pater Mennekes, der in seiner mittelalterlichen Kirche regelmäßig spektakuläre Ausstellungen organisiert hat. Ich habe dort einmal eine ganz grandiose Installation von Jenny Holzer gesehen. Der hätte sich deine Arbeiten sicherlich zumindest mal angesehen.
Andreas Maria Kahn: Genau hier werde ich auch ansetzen. Ich warte jetzt erstmal das Ende der Ausstellung in Hamburg ab und dann werde ich mich an die Diözesan-Museen wenden. Mit dem Erzbistum Freiburg war ich wegen einem anderen Fotoprojekt, auch mit Roland Walter, schon in Kontakt. Berührungsängste mit Nacktheit habe ich dort auch nicht verspürt.
Jens Pepper: Lass uns über deine Models sprechen. Den spastisch gelähmten Roland Walter hast du ja bereits erwähnt. Du arbeitest gerne mit außergewöhnlichen Typen zusammen, vor allem bei den Männern. Bei denen reicht das Spektrum von attraktiv und maskulin über kauzig, bärtig und alt bis hin zu äußerst korpulent. Die Frauen sind dagegen eher jung oder in mittleren Jahren und in der Regel sehr schön. Dafür gibt es bei ihnen häufiger Piercings und Tattoos zu sehen. Die Auswahl der Models ist bei deiner Fotografie von großer Bedeutung und trägt sehr zur Intensität der Aufnahmen bei.
Andreas Maria Kahn: Ja die Menschen sind sehr wichtig in meinen Bildern. Besonders bei den Männern bevorzuge ich Gesichter und Charakterköpfe im Caravaggiostil. Viele sind aus dem Freundeskreis. Etliche Fotografen und Schauspieler sind darunter. Einige kamen sogar aus der Schweiz, dem Erzgebirge, aus dem Rheinland und aus Bremen. Berlin und Umland sind natürlich gut vertreten. Als ich eine Jobausschreibung in die Model-Kartei stellte, war ich überrascht wieviele außergewöhnliche männliche Models sich gemeldet hatten. Lange Haare bei Männern, besonders bei älteren Männern, das ist schon nicht so leicht zu finden. In der Model-Kartei sind zum Glück genug vertreten. Bei den Frauen habe ich die jungen, engelhaften gesucht und gefunden, auch viele aus dem Freundeskreis. Meine Frau Wiebke Kahn ist ja auch oft vertreten in den Bildern. Die Tätowierungen waren bei einigen vorhanden, haben den biblischen, alt-meisterlich inspirierten Fotografien aber keinen Abbruch getan. Vielmehr wollte ich auch gerade mit den Tätowierungen den religiösen Bezug der Bilder in die Neuzeit transportieren.
Jens Pepper: Deine Models sind allesamt idealistisch und arbeiten ohne Honorar. Das bedeutet, dass du dich stärker auf die Befindlichkeiten und Allüren deiner Mitarbeiter einlassen musst, als wie es vielleicht bei bezahlten Jobnehmern der Fall wäre. Wenn dann bis zu dreizehn Personen für ein Shooting zusammengetrommelt werden müssen, dann ist das eine ganz schöne Herausforderung. Wie gehst du mit möglicherweise schwierigen Situationen um?
Andreas Maria Kahn: Ich möchte, dass die Menschen, die mit mir zusammenarbeiten, meine Kunst verstehen, und eine Zusammenarbeit nicht als Job ansehen. Mit den Bildern können wir alle etwas anfangen. Ich als Fotograf habe Bilder für meine Ausstellungen, und die Models haben welche für Ihre Sedcards.
Dreizehn Leute oder mehr für ein Shooting zusammenzubekommen hatte ich mir schwerer vorgestellt, obwohl es auch nicht wirklich leicht war. Logistisch war es schon eine Herausforderung. Die Leute müssen ja auch mit Essen und Trinken versorgt werden. Ich finde das gehört sich so. Schließlich opfern die Leute auch ihre Zeit für mich. Also ist es auch mehr als angebracht, für deren Wohl zu sorgen. Es gibt bei solchen Shootings natürlich immer den einen oder anderen, oder die eine oder andere, der oder die aus der Reihe tanzt, unkonzentriert ist oder dem oder der eine Szene zu lange dauert. Das muß ich erkennen und darauf reagieren. Ich muß flexibel sein und die Szene umgestalten können, eventuell eine Person gegen die andere auswechseln. Und man muß sich durchsetzen können. Ich bin immer gut gelaunt, bin aber auch sehr zielstrebig und kann mich bemerkbar machen. Bis jetzt hat immer alles geklappt. Für Großprojekte kann ich nur empfehlen: wenn dreizehn Leute auf dem Bild sein müssen, wie eben beim „Letzten Abendmahl“, dann sollte man mindestens sechzehn Leute am Set einplanen. Denn einer fehlt immer. Diese Eventualität darf einen nicht aus der Ruhe bringen.
Beim Abendmahl-Bild sagte zwei Stunden vor dem Shooting der geplante Jesus ab und der Judas-Darsteller kam einfach nicht. Gerät man hierüber nicht in Panik und hat Reserven, kann das ganze trotzdem großartig funktionieren. Ich bin auf mein „Letztes Abendmahl“ mehr als stolz!
Jens Pepper: Und ausgerechnet der Judasdarsteller ist nicht gekommen? Das ist schon amüsant, zumindest aus heutiger Sicht. Was war den das bisher lustigste ungeplante Ereignis an einem deiner Fotosets?
Andreas Maria Kahn: Ja, das mit Judas war schon irgendwie bezeichnend. Aber die Rolle des Judas war begehrt und schnell neu besetzt. Das bisher lustigste Erlebnis war ein Model aus Bremen, die ich als weiblichen Jesus ins Wasser stellen wollte. Kaum waren wir am See angekommen, bekam sie ihre Tage, und ich mußte für sie im nächstgelegenen Supermarkt eine Packung OBs besorgen, weil sie keine dabei hatte. Sonst hätte das Shooting wohl nicht stattfinden können. Seitdem habe ich auch einen OB im Gepäck.
Jens Pepper: Weshalb hast du die Holy Arrangements digital in Schwarz Weiss fotografiert?
Andreas Maria Kahn: Schwarz Weiss war schon immer mein Element. Farbe gibts bei mir nur in Ausnahmefällen. Bei den biblischen Bildern würden zum Beispiel farbige Gewänder von der Darstellung ablenken. Man würde sich dann zum Beispiel fragen, warum diese oder jene Person ein blaues, rotes oder grünes Gewand trägt, was hier ja keine Rolle spielt.
Jens Pepper: Und wann ist bei dir Farbe angesagt; was ist der Ausnahmefall?
Andreas Maria Kahn: Farbe benutze ich, wenn sie für das Bild erforderlich ist. Als Beispiel nenne ich hier mal die Arbeiten mit der Lomokamera, Langzeitbelichtungen, und die schon angesprochene Splatter- Fotografie. Letztes Jahr habe ich an Bildern mit Holipulver experimentiert. Da muss es farblich richtig schreien. Hier schweben mir Bilder vor, in denen sich der Mensch mit dem Hintergrund komplett vereint. Dazu dann noch andere Gegenstände, und schon habe ich ein surreales Relief.
Jens Pepper: Wirst Du mit diesem Thema weitermachen, also den Holy Arrangements? Oder gibt es bereits andere Bildideen?
Andreas Maria Kahn: Ja, ich werde auf jeden Fall in dieser Richtung weitermachen. Der komplette Kreuzweg Jesu ist ein Herausforderung mit bis zu sechzehn Stationen. Das wird auch aufwendig, was Menschen und Material angeht. Aber es ist alles zu schaffen. Moses und Lot sind Figuren die mich noch reizen. Mein Ziel bei den Apostelbildern ist es, und zwar seit dem ersten Gedanken daran, diese in einer Kirche, ähnlich wie Ikonenbilder, anzubringen. Rechts und links vom Altar an den Säulen stehen sich jeweils die Apostel gegenüber, zwölf Bilder. Gleichgestellt mit gemalten Bildern. Ich muß noch dazusagen, dass ich ein gläubiger Mensch bin. Für mich sind die Holy Arrangements eine Huldigung des Glaubens. Auch meines Glaubens. Daneben werde ich immer wieder ungewöhnliche Ideen umsetzen und ausprobieren, ich liebe es, die gewohnten Pfade zu verlassen. Vielleicht mache ich mal ein Jahr, in den ich nur Männer fotografiere, oder ein Jahr in dem ich ausschließlich wieder analog, also mit Film fotografiere. Ich mag Stilbrüche und ich mag es als Künstler den sicheren Weg zu verlassen.
Andreas Maria Kahn wurde 1969 in Braunschweig geboren. Er lebt in Berlin.
Foto links: Hendrik Janssen