Jens Pepper: 2014 wurde der Fototreff Berlin ins Leben gerufen; von euch vieren oder war die Anfangscrew eine andere? Und warum wolltet ihr dieses Treffen überhaupt organisieren? Fehlte euch irgendetwas in der Stadt, eine Lücke, die ihr füllen wolltet?
Anna Charlotte Schmid: 2014 waren es Tobias und ich, die den Fototreff Berlin ins Leben gerufen haben. Damals noch in einer völlig anderen Dimension. Da haben wir keine Technik besorgt, wie z.b. die LED Lampen, ganz zu schweigen von Mikrofonen oder so. Da waren maximal zehn Personen anwesend und wir nutzten Neonröhren, um den Tisch für die Präsentationen auszuleuchten. Es fehlte mir damals eine Plattform, ein Ort des Austauschs und der Begegnung mit anderen Fotografen, um über Entwicklungen von Arbeiten und neue Projekte sprechen zu können. In Berlin, wo du jeden Abend zu einer Veranstaltung gehen kannst und auf viele, interessante Menschen triffst, die in demselben Bereich arbeiten, kannst du dich als Künstler bzw. Künstlerin im Prozess des Schaffens ziemlich alleine fühlen. Ich sah und fühlte selbst diese Lücke. Und die musste gefüllt werden.
Tobias Laukemper: Genau, unser eigener Bedarf war der Ausgangspunkt einer langen Reise. Diese war ja damals noch nicht abzusehen. Ich wollte beispielsweise mein Verhältnis zur Fotografie neu bestimmen, und dafür in den Austausch mit anderen treten. Charlotte und ich hatten im Gespräch miteinander beide das Gefühl: eine solche Möglichkeit fehlt – die muss geschaffen werden. Direkte Kommunikation und Vernetzung ist für mich sehr wichtig, wo doch das meiste heute über die verschiedensten Medien und Kanäle läuft. Da wir beide in einer Community unterwegs sind, in der es zwar die regelmäßigen Treffen bei Ausstellungseröffnungen gibt, aber damals kein Ort existierte, der die Möglichkeit bot Diskurs und Netzwerk miteinander in einem intimen Rahmen zu erleben – und Charlotte diese großartige Möglichkeit in der Küche ihrer Studiogemeinschaft hatte – hat es sich einfach angeboten, den Treff ins Leben zu rufen.
Jens Pepper: Ok, Anna Charlotte und Tobias gaben den Startschuss. Wie kamt ihr dazu, Vanya und Pauline?
Vanya Pieters: Für mich ergab sich im September 2018 die Möglichkeit mitzumachen. Das war, als ich gerade die Bildredaktionsklasse an der Ostkreuzschule absolvierte. Ich erinnere mich noch gut an einen Gespräch mit Tobias auf dem Unseen Photo Gelände in Amsterdam, wo er mir die Besonderheiten und die neuen, aufregenden Pläne für den Fototreff erläuterte.
Pauline Friesecke: Und bei mir war es so, dass ich Charlotte und Tobias in Berlin kennengelernt habe, weil wir in der Kehrer Galerie ein Veranstaltungsformat hatten, bei dem ähnliche technische Vorraussetzungen nötig waren. Aus diesem Grund haben wir uns damals ausgetauscht. Nachdem wir uns dann im Sommer 2018 auch in Arles wiedergetroffen hatten, kam Charlotte im Herbst auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte beim Fototreff einzusteigen. Das war natürlich eine schöne Möglichkeit, um auch außerhalb der Galerie mein Networking in der Fotoszene voranzutreiben.
Jens Pepper: Was sind eigentlich eure beruflichen Hintergründe? Tobias und Vanya arbeiten u.a. als Bildredakteure, Anna Charlotte fotografiert und Pauline war für die Kehrer-Galerie in Berlin tätig, aber das ist bei allen ja noch nicht alles. Was sind eure Berufsprofile?
Anna Charlotte Schmid: Durch den Fototreff habe ich erst meine Faszination für das Kuratieren entdeckt. Neben der Tätigkeit als Fotografin, die ich auch weiterhin leidenschaftlich ausführe, mag ich es sehr, dass Programm für die Veranstaltungen beim Fototreff zu entwickeln. Die Idee mit anderen Institutionen auch außerhalb Deutschlands zu kooperieren, öffnen im kuratorischen Sinne noch mal ganz andere Türen. Die internationale Vielfältigkeit in der Fotografie bildet auch die Basis des Austauschs bei den Veranstaltungen des Fototreff Abroad. Auch hier steht das persönliche Aufeinandertreffen im Vordergrund, und nicht nur die mediale Vernetzung.
Vanya Pieters: Ich bin freiberuflicher Bildredakteur und seit 2017 bei der Welt tätig. Daneben schreibe ich Texte für Fotografieprojekte, mache Interviews, organisiere Veranstaltungen u.a. für die Narrative Journalism Foundation und berate Künstler und Fotografen. Ich besitze ich einen MA für Film & Photographic Studies von der Universität Leiden.
Tobias Laukemper: Ich komme ursprünglich aus der bildenden Kunst und habe lange als Künstler, und später viel für andere Künstler gearbeitet. Dort habe ich erst assistiert, und dann Projektleitungen übernommen. Die Bildredaktion kam später dazu. Nun arbeite ich als Freier Bildredakteur, meistens im Editorial – d.h. für Magazine wie die GEO oder die brand eins. Für mich ist dieses Arbeitsumfeld aus der erneuten Beschäftigung mit der Fotografie entstanden, die ich ursprünglich mal, genauso wie Kunst, studiert hatte. Mir gefällt bei meiner Editorialarbeit ebenso wie bei der Tätigkeit für den Fototreff die Kombination aus Kuration, Organisation und Editing. Ich bewege mich da vor allem im dokumentarfotografischen und künstlerischen Bereich.
Pauline Friesecke: Und ich bin Kunsthistorikerin. Das Studium der europäischen Kunstgeschichte legt ja keinen besonderen Fokus auf Fotografie, doch nach dem Studium in Heidelberg, ergab sich die Möglichkeit das 5. Fotofestival in Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen – heute Biennale für aktuelle Fotografie – mit zu organisieren. Dort konnte ich vor allem die Portfolio Reviews betreuen. Anschließend war ich ein gutes Jahr beim Badischen Kunstverein in Karlsruhe für die Pressearbeit zuständig und habe dann 2015 bei der Kehrer Galerie angefangen und mich beruflich wieder vornehmlich mit der Fotografie beschäftigt. Nachdem ich zunächst als Assistentin anfing, habe ich ab Sommer 2016 die Galerie alleine gemanagt.
Jens Pepper: Wie hat sich der Fototreff seit 2014 gewandelt, also wie sah seine erste Ausgabe im Vergleich zu dem anspruchsvollen Programm, das er heute ist, aus? Charlotte hat ja bereits Andeutungen gemacht.
Tobias Laukemper: Der Fototreff ist organisch gewachsen. Anfänglich war es ja nur ein Treffen im Freundeskreis – es kamen vielleicht zehn Personen, manchmal auch weniger. Langsam wurden die Veranstaltungen größer, und so ab dem zehnten Treffen kamen dann mehr Leute. Wir haben zu diesem Zeitpunkt auch das Konzept umgestellt und erstmalig beworben – vorher waren es ja nur mündliche Einladungen an Freunde. Da haben wir dann auch verstanden, das es einen Bedarf gibt, ein solches Treffen anzubieten, weil wirklich viele Leute gekommen sind. Das hat uns natürlich sehr gefreut. Das Konzept hat sich dann nach und nach auch verändert, und wir haben angefangen Gespräche zu machen, Bücher vorzustellen und weiterhin Portfolios zu sichten und vorzustellen.
Jens Pepper: Die jeweiligen Treffen unterteilen sich in aktuell drei Programmpunkte die allesamt für sich genommen schon einen Abend erlebenswert machen würden. Warum diese Fülle bei jedem Treff?
Tobias Laukemper: Wir haben drei Module, die unterschiedlich kombiniert werden können, und versuchen die Treffs nicht zu überfüllen, in dem wir meist zwei der drei Module auswählen. Manchmal sind unsere Gäste gerade in der Stadt – dann macht es Sinn sie kurzfristig mit ins Programm zu nehmen. So kamen sicher auch Abende zu Stande, in denen das Publikum viel Information auf einmal aufnehmen musste. Normalerweise versuchen wir jedoch nur zwei Programmteile zu konzipieren. Diese ergeben eine interessante Reichhaltigkeit, können sich ergänzen oder zuwiderlaufen, und so das Publikum inspirieren weiterzudenken, die Informationen miteinander zu kombinieren und einen Diskurs zu führen.
Anna Charlotte Schmid: Die Idee des Show & Tell gab es ja schon von Anfang an, seit dem es den Fototreff Berlin gibt. Heute wird er durch einen Open Call kuratiert, um ein bisschen den Überblick und eine Struktur zu behalten. Der Programmpunkt Book Slot kam erst später dazu. Wir haben die Nachfrage nach Präsentationen und Gesprächen über das Machen von Fotobüchern und Magazinen ernst genommen und versucht, sie in unseren Abend zu integrieren. Der Fototreff Talk ist in unseren Augen ein guter Start für die Abendveranstaltung, den wir immer als Basis für das Event nehmen. Wie Tobias sagte, ist das alles zusammen gesehen ein ganz schön volles Programm und wir schauen immer, dass wir zumindest die Module Show & Tell und Book Slot variieren, um die Abende nicht zu überreizen.
Pauline Friesecke: Deine Frage ist aber trotzdem berechtigt. Wir müssen immer wieder schauen, dass die Abende nicht zu voll werden und unser Publikum auch bis zum Ende Freude an der Veranstaltung hat. Das ist manchmal ein schmaler Grat zwischen zu viel und zu wenig.
Jens Pepper: Jetzt habt ihr, wie schon angesprochen wurde, auch noch begonnen, im Ausland aktiv zu werden. Im Frühjahr habt ihr einen Fototreff in Budapest organisiert. Habt ihr keine Angst, dass ihr euch übernehmt?
Tobias Laukemper: Ja unser erster Fototreff Abroad war ganz große klasse, wir sind immer noch ganz voll davon. Die Idee den Fototreff auch extern zu veranstalten gibt es schon lange. Im letzten Jahr haben wir dann angefangen, eine Location zu suchen und uns intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Budapest bot sich an, da wir in Berlin schon mit dem Collegium Hungaricum zusammengearbeitet haben, wir viele Kontakte nach Budapest unterhalten, unsere Gäste mit Budapest in Zusammenhang stehen – und nicht zu letzt, weil wir denken, dass eine qualitativ hochwertige Kulturarbeit in Ungarn sicher auch ein politisches Signal ist. Wir möchten sehr gern weiter gehen, und pro Jahr ein paar externe Veranstaltungen durchführen. Diese sind für uns in der Organisation etwas Besonderes, und werden mit viel Aufmerksamkeit bedacht und kuratiert. Gleichzeitig müssen wir unsere Ressourcen bündeln und geschickt einsetzen. So werden wir darauf achten, dass auch die Berliner Veranstaltung sich weiter entwickelt und mit einem interessanten Programm überzeugen kann – klar.
Vanya Pieters: Um zurückzukommen auf deine Frage, ob wir Angst haben uns zu übernehmen: Die Ausflüge des Fototreffs ins Ausland geben uns viel Energie. Und die Zusammenarbeit mit den Institutionen, mit denen wir bei solchen Gelegenheiten zu tun haben, verschaffen uns Raum, um uns auf die Inhalte konzentrieren zu können, denn die übernehmen oftmals die Technik, das Catering, viele logistische Angelegenheiten, also alles Dinge, die wir in Berlin selber machen müssen. Diese interkulturellen Verbindungen herzustellen ist für uns sehr wertvoll.
Anna Charlotte Schmid: Übernehmen? Nein. Ich habe noch während der Veranstaltung in Ungarn über weitere Ideen für Kooperationen nachgedacht. Das Feedback dort war unglaublich und wir haben gemerkt, dass nicht nur in Berlin diese Lücke gefüllt werden will, sondern auch woanders. Ich persönlich hatte von Anfang an die Idee, eine internationale Vernetzung von Akteuren zu schaffen, die in der Fotowelt aktiv sind. Dafür muss man sich aber erst einmal einen Standpunkt schaffen. Und den haben wir in Berlin, wo wir auch zu Hause sind. Nach fast fünf Jahren waren wir dann auch so weit, um den Fototreff außerhalb Deutschlands stattfinden zu lassen. Alles in allem ist das viel Arbeit, aber es macht ja auch glücklich, etwas, das man selbst auf die Beine gestellt hat, international wachsen zu sehen. In solchen Momenten spielt es keine Rolle, wie viel Arbeit drin steckt.
Pauline Friesecke: Vielleicht ist es auch wichtig, das im Kontext zu sehen. Der Fototreff ist nach und nach gewachsen und jetzt haben wir einfach die Kapazitäten, um auch ins Ausland zu gehen.
Jens Pepper: Eure Veranstaltungen sind inzwischen krachend voll. Also an Aufmerksamkeit und Zuspruch mangelt es euch keinesfalls. Die Gäste werden gebeten, eine Spende als Eintritt zu bezahlen. Damit und mit dem Verkauf von Getränken finanziert ihr was? Das Equipment? Die Aushilfen am Tresen? Ihr selbst macht die Arbeit – so wie ich es verstehe – nach wie vor ehrenamtlich. Wie sieht es mit euren Gesprächsgästen aus, erhalten die eine Vergütung?
Tobias Laukemper: Oh ja – alles. Was bei einer Veranstaltung eingespielt wird ist nicht viel Geld, selbst wenn alle Eintritt bezahlen. Wir haben viele kleine Kostenfresser: die Aushilfe am Tresen, die neue Verlängerungsschnur, die Raummiete, wir drucken Postkarten, gestalten verschiedene Printprodukte und stellen ein Online-Programm zur Verfügung. Für uns persönlich bleibt da nichts hängen, sondern es fliesst alles wieder ins Projekt. Gäste bekommen die Fahrtkosten bezahlt und/oder wir versuchen eine Vergütung durch ein gutes gemeinsames Essen. Es soll niemand Unkosten haben und WinWin aus der Veranstaltung gehen – das ist wichtig für uns.
Vanya Pieters: Wir hoffen natürlich, dass sich das im Laufe der Zeit ändern wird und wir ein gesundes Ertragsmodell finden. Für Künstlerhonorare beispielsweise.
Anna Charlotte Schmid: Ja, und dass wir irgendwann Sponsoren finden oder Fördermittel erhalten. Es würde unter anderem der Realisation von geplanten Konzepten mit Gästen aus dem Ausland helfen; um diese einfliegen zu lassen und angemessen zu vergüten. Und ganz generell uns als Team.
Jens Pepper: Wie geht ihr bei der Auswahl der Gäste vor? Hat jeder ein Vorschlagsrecht und entschieden wird gemeinsam?
Tobias Laukemper: Natürlich kann jeder vorschlagen und die kollektiven Ressourcen nutzen, um seine Vorschläge umzusetzen. Oft ergeben sich Veranstaltungsideen über die Zeit, und werden dann umgesetzt. Es gibt Ideen die brennen und welche, die Themen kommentieren, die im Schwung sind. Wir haben sozusagen einen Zettel, auf dem schon einiges steht und vieles hinzukommt, was auf Verwirklichung wartet. Ein Teammitglied ist verantwortlich für die Veranstaltung, und die anderen arbeiten ihm zu. Dadurch ergibt sich eine eigene Handschrift, die sehr eng mit dem Fototreff verknüpft ist.Wir versuchen den Spagat zwischen individueller Vorstellung und einem gemeinsamen Streben.
Anna Charlotte Schmid: Das Schöne an der gemeinsamen Tätigkeit ist das Zusammenbringen von Netzwerken, die jeder ursprünglich einmal für sich geknüpft hat. Oftmals ist es dann so, dass ein Teammitglied die Idee für den Fototreff Talk hat, der dann die Basis für die Veranstaltung ist. Also übernimmt auch dieses Teammitglied die Verantwortung für diese Veranstaltung. Alle anderen arbeiten ihm dann zu. Jeder von uns hat einen klar definierten Arbeitsbereich, der für jede Veranstaltung gilt.
Vanya Pieters: Die Auswahl der Gäste und die Konzeption des Programm funktionieren eigentlich immer sehr organisch und zügig.
Jens Pepper: Über welche bisherigen Gäste habt ihr euch besonders gefreut, vielleicht weil sie so bekannt sind und nicht alles mitmachen würden oder weil sie gar nicht in Deutscchland oder Europa leben und deshalb nicht mal so einfach eingeladen werden können? Und welche Traumgäste gibt es noch?
Anna Charlotte Schmid: Das ist eine schwere Frage, weil wirklich alle Gäste etwas Besonderes sind. Klar, der ein oder andere ist bekannter, aber das macht nicht gleich das Gespräch interessanter. Wir versuchen für die Talks passende Gesprächspartner suchen, da dieser Teil als Einstieg sehr wichtig ist. Es hat mir z.B sehr viel Spaß gemacht, die Veranstaltung mit Peter Bialobrzeski und Loredana Nemes zu kuratieren. Die beiden kannten sich nur flüchtig und waren sehr daran interessiert, sich auf diese Weise das erste mal richtig zu treffen. Und es war auch für uns das erste Mal, dass wir zwei Fotografen als Gesprächsteam einladen, wobei es bei diesem Talk in erster Linie um die Arbeit von Peter ging. Ich hatte mir vorweg viele Interviews und Videos von Loredana angeschaut und wusste, dass ich nur sie Peter gegenübersetzen möchte. Sie arbeiten beide unterschiedlich und verfolgen andere Ansätze in der Fotografie. Peter fotografiert – grob zusammengefasst – Städte, Megastädte, ihre Architektur und Infrastruktur, Loredana hingegen geht nah an den Menschen heran, sehr intim und persönlich. Diese konträren Herangehensweisen an Themen fand ich spannend für ein Gespräch. Und es hat wunderbar funktioniert. Traumgäste gibt es natürlich viele. Wir verraten hier aber noch nichts.
Pauline Friesecke: Diese Frage ist für mich noch etwas früh, so viele Veranstaltungen habe ich ja noch gar nicht mitgemacht. Der Abend mit Peter Bialobrzeski und Loredana Nemes war wirklich sehr schön, aber diese Frage würde ich gerne in einem Jahr beantworten.
Tobias Laukemper: Jeder Abend hat seine Reiz, und wir freuen uns auf alle Gäste. Es gibt keine Hierarchie und wir versuchen, für alle eine gastfreundliche und offene Atmosphäre zu schaffen. Ganz subjektiv hat mir das Gespräch von Tobias Kruse und Feng Li besonderen Spaß gemacht. Feng kommt wirklich von weit her, aus China, und ich fand die Situation mit einer Dolmetscherin, die ihren Job wirklich sehr gut gemacht hat, dazwischen eine sehr interessante Situation. Feng spricht nur chinesisch und so gab es keine Vorbereitung sondern nur den Moment. Das Gespräch war sehr lustig, und hatte interessante Themen – ja das war sehr gelungen.
Jens Pepper: Ist euch auch schon mal ein Abend daneben gegangen?
Anna Charlotte Schmid: Bestimmt! Aber das ist ja auch sehr subjektiv. Es kam vor, dass wir am Ende eines Abends mal nicht ganz so zufrieden waren – beispielsweise wegen kleinerer organisatorischer Fehler – während das Publikum und die Gäste die Veranstaltung super fanden. Die Neonröhren bei 120 Besuchern, da würde ich vielleicht sagen, dass das technisch nicht ganz optimal ist. Aber was das Programm angeht, da versuchen wir das Optimale herauszuholen.
Pauline Friesecke: Es gibt eigentlich immer Kleinigkeiten, die man beim nächsten Mal ein bisschen anders machen möchte. Aber wir entwickeln uns da ja auch immer weiter.
Jens Pepper: Ein Freund wies mich noch mal auf euer vorzügliches Marketing hin, online aber auch mit Flyern etc. Ihr betreibt ein regelrechtes Branding. Wäre der Fototreff ohne diese Maßnahmen ebenso erfolgreich wie er jetzt ist?
Pauline Friesecke: Das ist natürlich immer schwer zu sagen, aber ich denke, dass das für unsere Außenwirkung unerlässlich ist.
Anna Charlotte Schmid: Weil Wiedererkennungsmerkmale wichtig sind, haben wir uns auch mit Grafikern zusammengesetzt und eine Corporate Identity entwickelt, die zum Fototreff passt; online und print. Die Postkarten funktionieren wunderbar als Give away. Sie sind etwas Besonderes, das wir nicht einfach nur auslegen, sondern gezielt verteilen. Es wird peu a peu weiter an einem Auftritt gearbeitet, der auch für eine internationale Vernetzung hilfreich ist.
Tobias Laukemper: Die Ressource Aufmerksamkeit ist sehr knapp, da ist der Wiedererkennungswert sehr wichtig. So haben wir uns vor längerer Zeit dazu entschieden besonderes Augenmerk auf eine hochwertige Präsentation unserer Veranstaltung zu legen. Unsere Marketingprodukte zeigen Qualität statt Quantität, und wir freuen uns natürlich, das das beim Betrachter und Publikum auch ankommt.
Jens Pepper: Wer ist euer Publikum? Nur Fachleute aus der Fotoszene oder auch neugierige Bürger, die sich einfach nur für Fotografie interessieren? Erreicht ihr auch Studenten der Udk [Universität der Künste], von der Ostkreuzschule oder der Freien Schule für Fotografie?
Pauline Friesecke: Ich denke schon, dass unsere Besucher größtenteils aus der Fotoszene kommen, aber es gibt auch Fachfremde, die neugierig sind.
Tobias Laukemper: Wir sprechen jeden an, der sich für dokumentarische Fotografie interessiert. Unser besonderes Augenmerk gilt jedoch den Profis, also Fotografen, Bildredakteuren und Menschen, die sich jeden Tag im professionellen Kontext mit Fotografie auseinander setzen. Wir versuchen dieser Zielgruppe ein besonderes Programm zu bieten. Unsere Veranstaltung sind inhaltlich ausgelegt, und wir möchten Diskurs auf hohem Niveau präsentieren. So richten wir uns natürlich auch an die Studenten der unterschiedlichen staatlichen oder privaten Schulen für Fotografie, Kunst und Design. Wir freuen uns, wenn das Publikum generationsübergreifend ist, und verschiedene Altersklassen und Karrierestufen miteinander agieren und voneinander inspiriert sind.
Anna Charlotte Schmid: Die geladenen Gäste des Fototreff Talks bringen ja auch noch mal Leute aus ihren Netzwerken mit. Bei uns kommen sie alle zusammen.
Jens Pepper: Wie sieht die Zukunftsplanung aus?
Tobias Laukemper: Wir möchten auch in Zukunft ein sorgfältig kuratiertes und fachspezifisch interessanten Programm zusammenstellen. Unsere Aktivitäten konzentrieren sich ja inzwischen nicht mehr nur auf den Berliner Raum, sondern wir streben internationale Zusammenarbeiten an. Der Schritt nach Budapest in Kooperation mit dem Goethe-Institut geht in die richtige Richtung. Wir möchten mehr mit Institutionen und Festivals im In- und Ausland kooperieren und hoffen so, weitere Publikumsschichten zu erreichen und für unsere Veranstaltung zu interessieren.
Jens Pepper: Zum Schluss. Ihr fahrt alle nach Arles und werdet euch dort präsentieren. Wie? Und wie wichtig ist Arles für euch?
Tobias Laukemper: Das Fotofestival in Arles ist das Highlight und einer der Branchentreffpunkte der dokumentarischen und künstlerischen Fotografie. Da dürfen wir natürlich nicht fehlen. Für uns ein Event mit interessanten Ausstellungen und ein Treffen mit vielen Kollegen und Gleichgesinnten. In diesem Jahr sind wir als Gäste dabei, möchten neue und interessante Kontakte knüpfen, und Ausstellungen ansehen. Oftmals ergeben sich auch vor Ort für uns neue Ideen und Weiterentwicklungen von schon geplanten Events. So sind wir auch in diesem Jahr wieder sehr gespannt, was diese sieben Tage in der südfranzösischen Sonne mit sich bringen. Für die Zukunft wäre natürlich auch eine Kooperation mit dem Festival des Rencontres interessant.
Pauline Friesecke: Ich werde leider nicht mit nach Arles fahren können in diesem Jahr. Aber es ist toll, dass die anderen drei alle fahren.
Das Team vom Fototreff Berlin, Gruppenbild Frühjahr 2019, v.l.n.r.: Tobias Laukemper, Vanya Pieters, Anna Charlotte Schmid und Pauline Friesecke
Foto Tobias Kruse